04 Adrian Gegen die Zeit

In einem engen Drecksloch bis an sein Lebensende zu vergammeln, dürfte wohl die größte Horrorvorstellung von Adrian Landon darstellen. Das war auch der Grund, wieso er sich einverstanden erklärt hatte, dem Rat beim Aufspüren seines ehemaligen Rudels zu helfen. Maze war dank ihm ja bereits Geschichte, doch von Bert und Natascha fehlten bislang jede Spur. Das wollte er unbedingt nutzen! Als Alpha hatte er schließlich die besten Chancen, seine Untergebenen aufzufinden.Leider hatte die Sache einen gewaltigen Haken und das waren seine Aufpasser. Die beiden Vampirgeschwister – ein Muskelprotz, der ihn ständig dumm von der Seite anmachen musste, und dessen verrückte Schwester, die mit Vorliebe mit Sprengstoffen hantierte – schienen ihn eher ins Grab zu befördern, als ihm dabei zu helfen, seinen Deal mit dem Rat zu erfüllen. Dabei legte sich auch Natascha mit ihren giftigen Präsenten und den explosiven Spielereien mächtig ins Zeug. Adrian konnte wahrlich von Glück reden, wenn er dies überstand…

Leseprobe

Hintergründe:

Schon bei Teil 1 von Sam und Moe war mir klar, dass ich etwas mehr über Adrian wissen wollte – ich denke mal, euch erging es ähnlich. Spätestens nach Teil 2 stand fest: Er bekommt eine eigene Geschichte! 😉 Und so kam es dann auch…

Lesehappen:

#1
Wie die letzten paar Stunden des Öfteren, drückte mir der Blade-Verschnitt seine riesige Pranke ins Kreuz und beförderte mich vorwärts. Ich hatte keine Lust mehr auf diese Spielchen, doch er befand sich am längeren Hebel. Die Schwester dieses Muskelprotz hatte den Finger auf dem Knopf zu meinen Handschellen. Eine falsche Bewegung und ich bekam einen Stromstoß. Wobei die Blutsaugerin namens Lia nicht ganz so nervig erschien und mich meist behandelte, als wäre ich kein Schwerverbrecher.
»Jetzt hör doch mal auf, Laer! Er ist kein Punchingball«, fuhr sie ihren Bruder nun an und er brummte.
»Lia und Laer? Eure Eltern waren ja nicht gerade kreativ.« Meine Feststellung brachte die Vampirdame zum Glucksen.
»Unsere Mutter ist einfach verrückt«, brachte sie lachend heraus und Laer gab mir einen Stoß in die Seite.
Er lachte ebenfalls. Ich verstand es nicht. Was hatte ich denn Komisches gesagt?
»Würdest du Lias richtigen Namen kennen, könntest du es verstehen, Zeckenteppich«, brummte Laer und ich rollte mit den Augen. »Aber ich fürchte, sie wäre imstande, dich danach umzubringen. Irgendwie mag sie den nämlich nicht.«
Okay, das klang wiederum interessant. Auch wenn ich nicht lebensmüde war, hätte ich doch einiges dafür gegeben, dieses kleine Geheimnis zu lüften. Es klang nach etwas, das ich zu meinem Vorteil nutzen könnte.
»Lia …«, murmelte ich und überlegte. »Amelia? Lilia? Aurelia?«
Ich riet einfach darauf los, zumindest, bis mir die Mündung einer Waffe an den Kopf gehalten wurde. Die braunen Augen Lias funkelten.
»Schluss jetzt«, sagte sie leise.
»Liaison?« Ich lächelte frech und bemerkte den zuckenden rechten Mundwinkel.
»Ich geb dir gleich Liaison!«

#2
»Hier stinkt es erbärmlich nach Köter«, brummte Laer und ich verkniff mir ein Knurren.
Der Kerl ging mir gewaltig auf den Zeiger!
»Schnauze!« Lia funkelte ihren Bruder an, der sich weiter geradeaus bewegte.
Die Handschellen hatten sie mir nicht wirklich abgenommen, sondern stattdessen beide an ein Gelenk gebunden. Damit würde ich im Falle des Falles komplett weggeputzt werden und hätte keine Probleme mehr. Ich war noch nie ein Fan von Stromstößen gewesen, weshalb ich mich artig zusammenriss. Meine Finger verkrampften sich an der Eisenstange, die ich in Händen hielt. Ich hoffte inständig, dass Lukas es geschafft hatte, sich aus dem Staub zu machen und hier nicht auf Widerstand gestoßen war. Je mehr ich darüber nachdachte, desto wahrscheinlicher hielt ich es, dass mein Freund auf Bert getroffen war.
»Wohin?«, flüsterte die Vampirdame neben mir und ich deutete nach rechts.
Sie entsicherte die Waffe in ihrer Hand und ich spürte diese an meiner Seite. Sie war dieses Mal jedoch nicht auf mich gerichtet, sondern an mir vorbei, um uns bei Bedarf zu verteidigen.
»Ich trau ihm nicht!«
Natürlich musste Laer einen auf Blade machen und stürmte in den kleinen Raum. Er war leer, wie ich es vorausgesagt hatte.
»Zufrieden?«, meinte dessen Schwester daraufhin genervt und wandte sich mir zu. »Weiter, Hündchen.«
Jetzt knurrte ich doch und hörte ihr Kichern an meinem Ohr. Sie hatte wohl ihren Spaß, dieses unverschämte Drecksweib!
Gemeinsam marschierten wir auf die letzte Eisentür zu, die uns vom Unterschlupf trennte. Ich hatte keine Ahnung, was uns dahinter erwarten würde. Wenn es ganz dumm lief, waren Natascha und Bert da und es gab ein Gemetzel. Die beiden hatten sicherlich keine Lust, brav an die Kette gelegt zu werden. Laer schob sich an uns vorbei und stemmte kurzentschlossen die schwere Sicherheitstür auf. Ich atmete tief durch, um mich zu wappnen.
»Keine Angst … Ich passe schon auf dich auf«, hauchte mir Lia ins Ohr und grinste frech.

#3
Als ich das Klicken hörte, erstarrte ich in der Bewegung. Eine der Fliesen hatte leicht nachgegeben und dieses Geräusch verriet mir, dass ich es tatsächlich geschafft hatte, eine Miene zu erwischen. Ich Glückspilz! Und da redete ich noch davon, eine Tür aufzusprengen, dabei würde man mich gleich in die Luft befördern. Wieso zum Kuckuck war hier eine gottverdammte Sprengfalle?
»Lia?«, fragte mein Bruder, der das untypische Verhalten meinerseits mitbekommen hatte.
»Es hat geklickt.« Ich schluckte und blickte an meinen Beinen hinab. »Und ich stehe wohl direkt auf dem Auslöser einer Sprengfalle.«
Laer fluchte und rieb sich über die Stoppeln auf seinem Schädel. Da hatte er mit seiner Kraft das Nachsehen, denn nun waren Geschicklichkeit und Schnelligkeit angesagt.
»Geh raus. Ich komme gleich nach«, wies ich ihn an, aber dieser Verrückte schüttelte den Kopf.
»Ich lass dich nicht allein!«
»Das wird sie nicht sein«, raunte jemand neben mir und ich sah Adrian auf einmal an meiner Seite. Er kniete sich hin und untersuchte ebenfalls den Auslöser, der sich seiner Meinung nach wirklich unter der Fliese befand. »Aber Herkules sollte hier raus. Keine Sorge, Großer. Ich passe auf dein Juwel von Schwester auf. Schon allein deshalb, weil ich ohne sie hier nicht raus kann, zumindest nicht, ohne dass mein Hirn von den Wänden tropft.«
Ich starrte ihn an und wusste, dass er auf den modifizierten Peilsender in seinem Hals anspielte. Leider konnte ich ihm nicht widersprechen. Der Gegenpart befand sich in meiner Schulter und so gern ich ihn gerade in diesem Moment hatte, sah ich es nicht ein, diesen rausschneiden zu lassen. Also würden Adrian und ich da wohl zu zweit durch müssen.

#4
»Hey, nicht bewegen!«, fauchte sie mich an, als ich etwas von ihr wegrutschen wollte. »Wenn du nicht willst, dass ich dir auf die Pelle rücke, halt wenigstens so lange still, bis ich das Dreckstück entfernt habe!«
Ihrer Anweisung folgte ein Ruck an dem Splitter und ich biss die Zähne zusammen. Das Pochen an meinem Hinterlauf bedeutete nichts Gutes und Lias Fluch verriet mir den Rest. Die Wunde begann zu bluten wie verrückt.
»Scheiße«, knurrte sie, schlüpfte aus der Jacke und zog zu meinem Entsetzen auch noch das Oberteil aus. Darunter kam ein hautenges schwarzes Trägertop zum Vorschein. Das graue Shirt presste sie nun auf die Wunde. »Ich fürchte, ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für dich. Die Gute: Der Splitter ist raus. Die Schlechte: Du verblutest mir, wenn du dich nicht sofort in einen Menschen zurückverwandelst und ich die Wunde verschließe.«
Mein Herz hämmerte in der Brust. So schlimm konnte es doch nicht gewesen sein! Als ich allerdings die kleine tiefrote Pfütze auf dem Boden betrachtete, die stetig größer wurde, machte sich Unsicherheit in mir breit. Sollte ich mich zurückverwandeln? In Wolfsgestalt heilten meine Wunden wesentlich schneller als in Menschenform. Das schien die Vampirdame vor mir jedoch anders zu sehen. Sie funkelte mich wütend an.
»Wird´s bald?!«, fuhr sie mich an.
›Na klasse. Das hatte ich eigentlich verhindern wollen‹, dachte ich noch, ehe ich meine Gestalt wechselte.
Lia keuchte überrascht. Ich war nackt. Komplett. Und sie starrte irritiert auf genau die Stelle meines Körpers, die nun ohne Schutz vor ihr lag. Es war entwürdigend!

#5
»Was ist? Bist du bald fertig? Oder willst du noch weiter an dir herumspielen, du Perverser?«, brummte Laer und ich rollte mit den Augen.
Diese ständigen Sticheleien gingen mir gewaltig auf den Keks. Irgendwann würde ich mich wohl nicht mehr beherrschen können. Ich atmete tief durch und bemühte mich, die Ruhe zu bewahren.
»Deine Tasche. Ich habe nur das Messer herausgenommen. Das bewahre ich für dich auf.« Lia legte mein Hab und Gut auf dem Dach des Wagens ab. Sie wollte noch etwas sagen, doch ihr Bruder polterte dazwischen.
»Und jetzt? Haben wir einen Plan, wohin es geht?«
Würden wir hier keinen Hinweis finden, hieß es für mich, dass ich zurück in meine Zelle musste. Das konnte ich nicht zulassen! In diesem Loch würde ich über kurz oder lang wahnsinnig werden …
»Wir müssen in die Stadt«, verkündete ich aus diesem Grund und schlüpfte rasch in ein paar Sachen. »Natascha wird auf jeden Fall dorthin gegangen sein.«
Das wusste ich zwar nicht genau, doch ließ ich es darauf ankommen. Lia beäugte mich flüchtig, runzelte die Stirn und wandte sich an ihren Bruder.
»Wir sollten dann auch gleich die Chance nutzen und etwas essen «, sagte sie und Laer stimmte zu.
»Wie du meinst«, brummte der Vampir und betrachtete mich prüfend. »Und was machen wir mit unserem neuen Haustier?«
Seine Schwester rollte mit den Augen.
»Der wird brav sein und sich von seiner besten Seite zeigen, nicht wahr?«