03 Avalarie und das Schicksal

Avalarie Johnsan, Schwester des rudelführenden Alphas, wusste eins nur allzu gut: Das Leben war grausam und niemand bekam einfach so etwas geschenkt. Jeder Tag bedeutete eine weitere Niederlage, die es wegzustecken galt und von der man sich aufrappeln musste. Hilfe durfte sie dabei nicht erwarten, denn das Rudel hasste sie.
Der absolute Supergau kam, als dieser schwarzhaarige Lockenkopf in ihrem Leben auftauchte. Dieser Bengel flirtete mit ihrem Bruder und der verlor langsam aber sicher sein Ziel aus den Augen. Dabei war Adrian eine Gefahr und durfte nicht unterschätzt werden! Vor allem, weil er nicht allein agierte. Lukas Neck stand dem anderen Alpha zur Seite. Der ehemalige Wächter ihres Vaters war Avalarie mehr als nur ›bekannt‹. Ihre Vergangenheit und ein schreckliches Geheimnis verband sie bis zum heutigen Tag. Würde sich die Lage weiterhin dermaßen zuspitzen, wäre ein Aufeinandertreffen wohl bald nicht mehr zu vermeiden.
Ob Luke noch immer so gut aussah, wie damals?

Leseprobe

Hintergründe

Pat fand die Wölfin von Anfang an extrem nervig und der Gedanke, ihr eine eigene Geschichte “zu gönnen”, war geradezu unerträglich. 😉 Aber ich habe mich am Ende durchgesetzt und dadurch wurden auch Anton und Maijke ein Teil der “Verliebt in einen Wolf”-Reihe. Diese Charaktere (von Pat erschaffen), sind mir sehr ans Herz gewachsen und ich hoffe, euch ergeht es ebenso.

Lesehappen

#1
»Lukas! Hört auf mit dem Blödsinn«, knurrte mein Vater und der junge Wächteranwärter ließ mich vorsichtig zu Boden sinken.
Ich hatte mich zum Spaß an seinen Rücken gekrallt und er drehte sich mir zuliebe ein paar Runden im Kreis. Er tat meist so, als wollte er mich abschütteln, aber ich wusste, dass das zum Spiel gehörte.
»Sei doch nicht so streng. Sie albern doch nur herum.« Meine Mutter lächelte nachsichtig, doch Vater seufzte.
»Unser Wildfang wird es niemals lernen, sich zu beherrschen, wenn wir sie weiterhin derart verwöhnen«, brummte er und machte eine Kopfbewegung, dass sich Lukas entfernen sollte. Dieser kam dem Befehl umgehend nach, allerdings nicht, ohne mir noch einmal rasch über den Kopf zu streicheln.
Lukas war vier Jahre älter als ich und seit seinem fünften Lebensjahr in Ausbildung zum Wächter. Diese bedeutete ein sehr hartes Training, worüber er sich jedoch niemals beklagte. Das Ziel war es, eines Tages meinem Vater als Wächter zu dienen und für dessen Sicherheit zu sorgen. Er hatte diesen großen Traum bereits gehabt, als er mit neun in unser Rudel aufgenommen worden war, genau wie sein Vater, der ihn trainierte. Luke, wie ich ihn als Kind nannte, redete niemals über seine Mutter. Es schien, als hätte es sie niemals gegeben. Damals machte es mich unglaublich traurig, denn jeder sollte eine Mutter haben, die einen in die Arme schloss.
»Ich habe Vater und meinen Traum. Das reicht mir«, murmelte er, wenn ich ihn nach Zukunftsplänen fragte. »Und ich werde dich beschützen, wenn du eines Tages die Frau eines Alphas sein wirst.«
Diese Worte trafen mich.
»Ich will keine Frau werden! Wenn, dann werde ich der Boss«, fauchte ich ihn an.
Dumme Aussagen einer Achtjährigen, die noch nicht wusste, wie grausam das Leben einem mitspielen konnte.

#2
»Avalarie! Das ist Adrian Landon«, stellte mir Vater eines Tages einen jungen Mann vor und er hoffte, ich würde ihn als meinen Zukünftigen akzeptieren.
»Sehr hübsch.« Dies waren seine ersten Worte, die er mir schenkte. Ein grober Fehler, denn ich kam mir sogleich vor wie ein Vieh, das man auf dem Markt begutachtete. Es fehlte nur noch, dass er meinen Mund öffnete, um die Zähne zu kontrollieren. Sein Blick wanderte an meinem Körper entlang und ein Lächeln breitete sich auf Adrians Lippen aus. Ich gefiel ihm, was wohl den Handel abschloss. Meine Nerven lagen spontan blank.
Eine Woche lang redeten meine Eltern auf mich ein, wollten mich davon überzeugen, wie wundervoll Adrian war und welchen Einfluss er hatte. Ich hasste sie dafür!


»Ava, ich werde dein bockiges Verhalten nicht mehr lange dulden! Solltest du dich nicht freiwillig für Adrian entscheiden, werden wir dich so verheiraten … Es ist für dich an der Zeit, das Rudel zu verlassen«, klang mein Vater wütend und schlug mit der Hand auf die Platte des Schreibtischs.
Ein Buch fiel hinab und ich bückte mich automatisch, um dieses aufzuheben, als mir ein Blatt Papier in die Hände fiel. Es war ein Vertrag zwischen meinem Vater als Alpha unseres Rudels und Adrians Familie. Ich blickte ihn an und keuchte. Für mich sollte er mehrere Wächter erhalten, um das Rudel besser schützen zu können. Vier Männer, die im Kampf ausgebildet waren. Ich war also vier Wolfsmänner wert …?

#3
»Nein!«, hörte ich Lukas´ Stimme hinter mir, aber es war bereits zu spät.
In meiner Wut hatte ich Vater das Messer, das auf dessen Schreibtisch lag, in die Brust gejagt und das Herz durchstoßen. Ich zitterte sogleich wie Espenlaub.
»Oh Gott … Luke, das wollte ich nicht!«
Selbst das größte Bedauern ließ es nicht zu, die Zeit zurückzudrehen. Mein Vater war sofort tot und ich brach vor dessen Schreibtisch zusammen. Für dieses Verbrechen würden sie mich ebenfalls umbringen. Eine Mörderin verdiente den Tod, egal wie die Umstände waren. Es wurden keine Ausnahmen gemacht und ›Unfälle‹ waren nur eine klägliche Ausrede.
»Ava, hör mir zu …« Lukas´ Hände zogen mich plötzlich auf die Beine und er umarmte mich. Seine Hand strich mir zitternd übers Haar. »Du gehst jetzt in dein Zimmer. Kein Wort zu niemandem!«
»Luke, das kann ich nicht«, schluchzte ich. Was hatte ich nur getan?
»Doch, denn ich will, dass du am Leben bleibst«, knurrte er und schüttelte mich, sodass ich zu mir kam. »Und jetzt geh!«
»Ich …«, begann ich.
Seine Arme schlossen sich noch einmal fest um mich. Ich war überrascht, als sich sein Mund auf den meinen senkte und er mich leidenschaftlich küsste. Die ganzen Jahre flogen an mir vorbei, an denen ich keine Ahnung gehabt hatte.

#4
Avalaries Lippen waren so weich, dass ich mich am liebsten nicht mehr von ihnen gelöst hätte. Die Zeit drängte allerdings, denn es würde nicht lange dauern, bis die ersten Wölfe auf den Tod ihres Vaters aufmerksam werden würden.
»Und jetzt tu einmal das, was man dir sagt und geh in dein Zimmer«, wies ich sie an und musste schweren Herzens dabei zusehen, wie sie aus meinem Leben verschwand.
Den letzten Blick, den sie mir zuwarf, hätte beinahe meine Existenz geändert. Dieses wunderschöne Hellblau. Ich wollte mit ihr weglaufen, sie lieben und ihr dies alles gestehen. Die Vernunft siegte jedoch, ehe das Herz die Gelegenheit bekam zu handeln.
Schnell machte ich mich auf den Weg zu Adrians Haus, der wie so oft in seinem Büro saß und wichtige Dinge verwaltete.
»Wir müssen los«, brummte ich und knirschte mit den Zähnen.
»Was heißt hier ›wir müssen los‹? Wieso bist du überhaupt hier?« Er belächelte mich. Ich griff nach seinem Hemd, riss ihn förmlich an mich.
»Leopold ist tot! Wir müssen hier weg, denn dein Dolch war die Tatwaffe«, knurrte ich.
Aus Adrians Knochen wich die Kraft, genauso wie aus dessen Gesicht sämtliche Farbe.
»Was? Wer ist tot? Wie … wie ist das möglich? Ich war doch eben noch bei ihm und er hat mir die Hand seiner Tochter zugesichert! Das wollte er regeln und hat wegen des Familienwappens den Dolch an sich genommen!« Adrian wurde nun lauter und schlug mit der Hand auf die Schreibtischplatte. Bei den Worten, dass ihm Ava versprochen worden war, hätte ich ihn am liebsten selbst kalt gemacht. Sie sollte ihm nicht gehören! Dazu hatte er kein Recht!

#5
›Ich werde hier in dieser Wohnung irgendwann einfach tot umfallen und niemand wird es kümmern‹, dachte ich und seufzte. ›Selbst Sam ist nun sauer auf mich. Damit schrumpft die Anzahl an Leuten, die jemals auf meiner Seite waren, auf Null.‹
Um mich abzulenken, schnappte ich mir mein Tablet und surfte etwas im Internet. Auf diversen Seiten war ich bekannt und konnte mir die Kerle aussuchen, mit denen ich es bei Bedarf treiben konnte. Ich musste mich austoben, denn sonst würde ich verrückt werden! Seit Tagen hatte ich das Gefühl, nicht mehr Herrin meiner Sinne zu sein. Wieso war auf einmal alles dermaßen intensiv?
›Heute Abend will ich es wild‹, tippte ich also in den Chat und wartete. Sofort meldeten sich vier Bewerber via Privatnachricht und ich nahm diese unter die Lupe. Es war immer das gleiche Spielchen, wenn mich dieses Verhalten auch zu einer Schlampe machte.
›Du solltest dich nicht so offensichtlich anbieten. Eine Frau wie du hat das doch nicht nötig‹, schrieb einer der Kerle und ich schnaubte.
Der Typ hatte ja keine Ahnung!
Ich wollte wissen, wie er aussah, und tippte auf sein Profil. Da fand ich allerdings nur einen schwarzen Hintergrund und eine Gestalt, dessen Umrisse man allerhöchstens erahnen konnte.
›Dein Profil ist ja nicht gerade aussagekräftig. Angst dich zu zeigen?‹, schrieb ich zurück und grinste. Vermutlich war der Kerl nicht sonderlich attraktiv und suchte deshalb eine Frau über die Chatrooms.
›Ich offenbare mich nur wenigen‹, kam die Antwort.
›Wie sollen wir denn so zusammenkommen?‹ Die Offensive hatte bisher bei jedem Kerl gewirkt, also wartete ich ab.
›Du weißt es noch nicht, aber wir sind bereits verbunden‹, kam als Antwort und ich schnaubte.
So ein Spinner!